»Individueller, gezielter, menschenzugewandter Strafvollzug gefällt denen nicht, die meinen, es müsse dem Menschen besonders schlecht gehen, und er müsse möglichst wenig Hoffnung haben, damit er gut, richtig und angepasst wird. Das täuscht. Am Ende würde es allen nutzen.«
»Wie könnte man Menschen zur Verantwortlichkeit bringen, indem man ihnen jegliche Verantwortung für sich selbst nimmt? Was bleibt übrig vom "Vollzug", wenn die Befolgung sinnlos-entwürdigender Regeln erledigt ist? Welche Lehren werden gezogen in fünf, zehn oder fünfzehn Jahren Hofgang, Krafttraining, Fernsehen und Zelle aufräumen? Ohne Zweifel schmerzt das, den einen mehr, die andere weniger. Man wird nicht "gleich" im Gefängnis, nur gleich erniedrigt. Bessert Schmerz? Hat es uns allen nicht geschadet, wenn uns Eltern verprügelten, einsperrten, demütigten? Sind wir gerade deshalb so erfolgreich und glücklich geworden, rücksichtsvoll und rechtstreu, weil wir genügend gestraft wurden und ausreichend viel Schmerz erfahren haben? Mir scheint, da ist die allgemeine Meinung etwas weiter als vor 60 Jahren.
Einmal direkt gefragt: Hilft Abschreckung bei Ihnen? Haben Sie gestern deshalb niemanden überfallen oder vergewaltigt, weil Sie Angst hatten, sieben Jahre Freiheitsstrafe zu kassieren? Ist das der Grund, warum Sie Ihre Angehörigen nicht zu Krüppeln schlagen und Ihre Freunde nicht berauben? Wenn nein: Warum, meinen Sie, hilft es dann bei allen anderen so unglaublich gut? Und warum würde es noch viel besser helfen, wenn es statt sieben Jahren neun Jahre Strafe gäbe? Und wenn das alles so stimmt: Warum rauben, betrügen, vergewaltigen dann immer noch so viele? Und warum tun sie es da, wo die Strafen besonders hoch und brutal sind, noch viel öfter als bei uns? Wenn Sie darauf keine Antwort haben: Warum sind Sie sich dann sicher, dass man über Alternativen nicht nachdenken soll?«
https://www.spiegel.de/panorama/justiz/hat-strafe-sinn-kolumne-von-thomas-fischer-a-4210dae4-0aab-42c3-a1c1-344ad17ee6fb
»Wie könnte man Menschen zur Verantwortlichkeit bringen, indem man ihnen jegliche Verantwortung für sich selbst nimmt? Was bleibt übrig vom "Vollzug", wenn die Befolgung sinnlos-entwürdigender Regeln erledigt ist? Welche Lehren werden gezogen in fünf, zehn oder fünfzehn Jahren Hofgang, Krafttraining, Fernsehen und Zelle aufräumen? Ohne Zweifel schmerzt das, den einen mehr, die andere weniger. Man wird nicht "gleich" im Gefängnis, nur gleich erniedrigt. Bessert Schmerz? Hat es uns allen nicht geschadet, wenn uns Eltern verprügelten, einsperrten, demütigten? Sind wir gerade deshalb so erfolgreich und glücklich geworden, rücksichtsvoll und rechtstreu, weil wir genügend gestraft wurden und ausreichend viel Schmerz erfahren haben? Mir scheint, da ist die allgemeine Meinung etwas weiter als vor 60 Jahren.
Einmal direkt gefragt: Hilft Abschreckung bei Ihnen? Haben Sie gestern deshalb niemanden überfallen oder vergewaltigt, weil Sie Angst hatten, sieben Jahre Freiheitsstrafe zu kassieren? Ist das der Grund, warum Sie Ihre Angehörigen nicht zu Krüppeln schlagen und Ihre Freunde nicht berauben? Wenn nein: Warum, meinen Sie, hilft es dann bei allen anderen so unglaublich gut? Und warum würde es noch viel besser helfen, wenn es statt sieben Jahren neun Jahre Strafe gäbe? Und wenn das alles so stimmt: Warum rauben, betrügen, vergewaltigen dann immer noch so viele? Und warum tun sie es da, wo die Strafen besonders hoch und brutal sind, noch viel öfter als bei uns? Wenn Sie darauf keine Antwort haben: Warum sind Sie sich dann sicher, dass man über Alternativen nicht nachdenken soll?«
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